2022-06-06 10:09:33
Alle News aus dem Ressort FürthTragischer Radfahrer-Tod in Fürth: War es Fahrlässigkeit?
FÜRTH - War das eine fahrlässige Tötung? Hätte der Wagenlenker eine Chance gehabt, den Unfall zu vermeiden? Fragen, um die es im Amtsgericht ging. Am Ende heißt das Urteil: Freispruch für den 39-Jährigen, der am Steuer saß. Im Gedächtnis bleibt ein Satz des hinzugezogenen Gutachters: "Der entscheidende Schutz für den Radfahrer wäre ein ordnungsgemäßer Helm gewesen."Es geschah im März 2021 auf der Herzogenauracher Straße, die am Ortsausgang von Vach zur Landstraße wird. Erlaubt sind hier 100 Stundenkilometer, mit dieser Geschwindigkeit fuhr der Mann, der als Angeklagter vor Gericht steht, in Richtung Herzogenaurach. "Ich hab’ den Radfahrer gesehen, der rechts auf der Vacher Straße herankam, und er hat mich auch gesehen." Der Radfahrer hatte ein Stopp-Schild vor sich. "Er hat abgebremst auf null Kilometer", erinnert sich der Autofahrer, "aber dann ist er wieder losgefahren."Die Kollision war heftig. Mit dem Kopf schlug der Radfahrer zunächst auf die Windschutzscheibe des Autos und wurde dann meterweit durch die Luft geschleudert, bevor er wieder mit dem Kopf auf den Asphalt prallte. Trotz des schnellen Eintreffens der Rettungskräfte gab es keine Hilfe mehr; der Mann starb noch am Unfallort.Wäre es nach der Staatsanwaltschaft gegangen, dann hätte der Autofahrer einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Tötung erhalten. Die Richterin unterschrieb diesen Antrag aber nicht. Stattdessen kommt es jetzt zur Verhandlung, bei der ein Gutachter seine Erkenntnisse über den Unfallhergang vorträgt. Er rechnet vor, dass der Wagen bei der Kollision mit dem Opfer eine Geschwindigkeit von etwa 74 Stundenkilometern hatte."Der Autofahrer hat zuerst nach links gelenkt, um dem Radfahrer auszuweichen und erst dann gebremst. Das ist ganz normal, eine Art von automatischer Reaktion", erklärt der Sachverständige. Wäre der Unfall denn zu verhindern gewesen? "Hätte der Wagenlenker außerdem sofort voll gebremst, wäre der Aufprall vermieden worden, weil der Wagen kurz vor dem Radfahrer zum Stehen gekommen wäre." Tatsächlich endete das Bremsmanöver für den Wagen im Straßengraben.Viel SpekulationEs sei, so der Gutachter, im Menschen angelegt, vor einer drohenden Gefahr erst einmal auszuweichen. Er versichert: "Aus meiner Erfahrung gelingt es bei weitem nicht jedem Otto-Normal-Autofahrer, sofort die Vollbremsung zu machen oder vielleicht sogar nach rechts auszuweichen, also in die Richtung, aus der der Radfahrer kam."Auch diese Aktion hätte den Unfall verhindern können. Die Antwort auf die Frage, warum der Radfahrer überhaupt losfuhr, bleibt Spekulation. "Ich kann mir vorstellen, dass er dachte: Das schaff’ ich gerade noch", überlegt der Sachverständige. Kein Helm, sondern bloß eine Kappe wurde nach dem tödlichen Aufeinandertreffen gefunden. Der Fachmann lässt keinen Zweifel daran, dass ein korrekter Kopfschutz die Unfallfolgen hätte abmildern können.Die Staatsanwältin spricht sich noch einmal dafür aus, was bereits im Antrag gefordert wurde: wegen fahrlässiger Tötung eine Geldstrafe von 9000 Euro, dazu drei Monate Fahrverbot. Auch sie betont allerdings: "Es gibt viele, viele Punkte, die zugunsten des Angeklagten sprechen." Dazu zähle, dass er sofort eine Reaktion gezeigt habe, "auch wenn das die falsche war, weil er ausgewichen ist, statt zu bremsen". Der Unfall habe ihn zudem deutlich erschüttert. Und, erklärt die Staatsanwältin, das Opfer habe "ganz klar die Vorfahrt missachtet". Das sei ein "massives Mitverschulden".Der Verteidiger plädiert für Freispruch: "Kann man meinem Mandanten zum Vorwurf machen, dass er sich nicht in Sekundenbruchteilen für die richtige Reaktion entschieden hat?" Er erinnert daran, dass selbst Rennfahrer sich solche Fähigkeit erst antrainieren müssen. Auch für normale Wagenlenker gebe es dafür spezielle Fahrsicherheits-Schulungen – weil es eben keine selbstver[...]
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