2022-06-01 10:51:56
Alle News aus dem Ressort NürnbergWarum Corona die Bauern im Nürnberger Knoblauchsland weiter beschäftigt
Nürnberg - Natürlich stehen die Hygienespender noch immer in der großen Halle, in der der Chicoree ohne Unterlass über das kleine Fließband getrieben, geputzt, gewogen und dann verpackt wird. Acht Frauen und Männer stehen an diesem Vormittag am Band und bringen das Gemüse, das Fritz Boss in ganz Bayern vertreibt, auf den Weg. Schließlich produziert der Landwirt allein davon 30.000 Tonnen pro Jahr. Abgesehen von Erdbeeren unter Glas und anderem Gemüse im Freiland.An diesem Vormittag sind alle an ihrem Platz, kein Ausfall, weil sich einer am Morgen schlecht fühlte oder gar Schnupfen hatte. Im anderen Fall hätte sich der Betreffende erst nach einem negativen Corona-Test ans Fließband stellen dürfen. Die aktuellen Vorschriften legen dies zwar nicht fest, Boss macht es dennoch, wie alle seine Kollegen freiwillig. "Man muss einfach weiterhin wachsam sein", sagt der 48-Jährige, dessen Familie seit mehr als 250 Jahren am Platz ist und damit eine Jahrhunderte alte Tradition der Landwirtschaft in der Region am Leben erhält. Also wischt man weiterhin alle Türklinken und Arbeitsflächen ab, schickt keinen aufs Feld oder ans Band, der sich nicht fit fühlt.Ohne sie geht es nichtGut zwei Jahre nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland ist mit den vielfachen Lockerungen auch auf den etwa 100 Höfen im Knoblauchsland Normalität zurück gekehrt. Doch auch hinter den Landwirten und ihren Erntehelfern liegt eine Zeit ohnegleichen. Denn ohne die Saisonkräfte geht es hier einfach nicht. Bis zu 1000 von ihnen sind hier zeitweise im Einsatz. Auch Fritz Boss bekäme ohne die helfenden Hände aus dem Ausland sein Obst und Gemüse nicht geerntet. Alleine er hat etwa 40 Helfer beschäftigt.Männer und Frauen, meist aus Rumänien und Polen, machen hier an langen Tagen die harte Arbeit, für die sich nur selten eine deutsche Kraft findet. Umso katastrophaler war die Nachricht für die Landwirte, dass mit der Pandemie zunächst keine Erntehelfer einreisen durften - kurz vor Beginn der Haupt-Erntezeit.Als die Bundesregierung schließlich doch die Einreise von 80.000 Saisonkräften aus Osteuropa erlaubte, damit die auf deutschen Feldern helfen, fackelten auch die Landwirte im Knoblauchsland nicht lange und nahmen ihr Schicksal in die Hand. Sie organsierten selbst die Flüge für ihre Arbeiter, holten sie am Flughafen ab und hielten sich vor allem peinlichst genau an die strengen Vorgaben, die nun auf den Höfen galten.Zehn Tage QuarantäneWie etwa: 1,5 Meter Abstand während der Pausen und in den Unterkünften, Mund-Nasenschutz, Desinfektions- und Reinigungspläne für alle sanitären Einrichtungen, Gemeinschaftsräume und Küchen, die vorliegen und geführt werden mussten. Die Hofbetreiber mussten zudem ihre Erntehelfer regelmäßig über die Hygieneregeln mündlich und durch Aushänge in der jeweiligen Landessprache belehren und regelmäßig die Hygienepläne kontrollieren. Die Arbeiter sollten keine Gruppen bilden, zudem durfte es keinen Kontakt zu anderen Betrieben geben. Das Arbeiten selbst lief in getrennten und möglichst kleinen Gruppen ab. 2021 kam schließlich hinzu, dass Arbeiter, die aus Risikogebieten und Hochinzidenzgebieten einreisten, erst einmal vorsorglich zehn Tage in Quarantäne mussten – trotz Verpflichtung, einen entweder in deutscher oder englischer Sprache verfassten negativen Test vorzuweisen.Die Landwirte klagten nicht. Manche, wie auch Fritz Boss, bauten an, um ihre Mitarbeiter den Vorschriften gemäß unterbringen zu können. Sein Kollege Thomas Drechsler hatte Glück und hatte auch schon vorher seine Mitarbeiter auf dem kleinen Hof auf drei Unterkünfte verteilt. Er beschäftigt lediglich zehn Saisonkräfte, führt einen relativ kleinen Betrieb, zu dem neben Gemüse auch neun Pferde gehören, mit der er vor allem bei Familien beliebte Kutschfahrten anbi[...]
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