2022-06-03 22:07:41
Alle News aus dem Ressort HöchstadtSchloss Neuenbürg: Ein offenes Haus, das Geschichte atmet
NEUENBÜRG - "Wir hoffen, dass sie etwas Ruhe und Frieden finden", sagt Baronin Irina von Gagern. Das Schlossbesitzer-Paar, das hier mit seinen drei Kindern lebt, nutzt Schloss Neuenbürg als privates Wohnhaus. "Wir haben keinen klassischen Rittersaal oder eine Waffensammlung, die man präsentieren könnte." Das liegt unter anderem daran, dass das Anwesen, als die Familie es vor 150 Jahren gekauft hat, ein leeres Haus war. Der Vorbesitzer hatte Insolvenz angemeldet und die Baronsfamilie hat es so eingerichtet, dass Aufteilung und Größe der Räume eher einem normalen Haus nahe kommt als Vorstellungen von Sälen, Hallen und endlosen Fluren. "Von diesen Zimmern gibt es zwar dann mehr als üblich, aber sie sind als relativ normale Wohn- und Gasträume genutzt und eher unspektakulär", meint Irina von Gagern."Mein Mann und ich genießen es beide in einem Haus zu leben, das so viel Geschichte atmet, mit allen Herausforderungen, die ein 800 Jahre altes Gebäude mit sich bringt." Im Jahr 1165 ist Neuenbürg erstmals historisch belegt. Lange war die „neue Burg“ im Besitz des Geschlechts von Mayenthal. Wie Heimatpfleger Manfred Welker berichtet, war es auch Nürnberger Patriziersitz der Holzschuher, wurde um den markanten, auf einem künstlichen Hügel errichteten ersten Wohnturm herum erweitert und gelangte in seiner wechselvollen Geschichte nach der Säkularisation 1803 zusammen mit Herzogenaurach sogar an Preußen, 1807 bis 1810 an Frankreich, dann zu Bayern.Die Besitzer wechseln häufig, bis 1872 Friedrich von Gagern das Gut erwirbt. Der Name der Familie ist, so Kreisheimatpfleger Manfred Welker, für jeden Demokraten bedeutsam: Heinrich von Gagern war der Präsident des ersten deutschen Parlaments in der Paulskirche. Nach dem Zweiten Weltkrieg betrieben die Tanten des jetzigen Schlossherrn hier eine Einrichtung für Flüchtlingswitwen. Eine Tradition, die Irina und Maximilian von Gagern jetzt wieder auf leben lassen.Sie sind seit 2003 im Besitz der mittelalterlichen Burg im Seebachgrund — waren die Umstände nicht einfach, als sie sich entschlossen, das Anwesen innen und außen zu sanieren. Drei Jahre, von 2014 bis 2017, wurde das Schloss von einer kleinen Heerschar zum Teil hochspezialisierter Handwerker von Grund auf saniert. Und die Frischekur für das Schloss hat sich gelohnt: Das Dach wurde neu gedeckt, der Glockenturm über dem Eingang neu geschiefert, die Geschossdecken gedämmt. Außerdem gab es einen naturweißen Außenanstrich und die Fenster wurden in historischem Neuenburger Gelb neu umrahmt. Die neuen Vor-Fenster wurden handgefertigt.Um den siebenstelligen Betrag dafür aufbringen zu können, musste der Baron bei zahllosen Zuschussgebern Klinken putzen. Am Ende gab es etwa die Hälfte der aufgewandten Kosten als Fördermittel vom Freistaat. Vom Ergebnis konnten sich Besucher zum Beispiel 2019 beim Tag des offenen Denkmals überzeugen.Trotzdem betonen die Schlossherren: "Ein Ende ist nie in Sicht. Hört man irgendwo auf, ist irgendwo anders wieder was fällig." Ein großes Augenmerk richten sie auf den Schlosspark, der jedes Jahr wunderschöne Bäume durch Sturm und andere Kalamitäten verliert. "Die Arbeit, die wir hier jetzt angehen, wird frühestens in 30 bis 40 Jahren ihre Früchte zeigen."Zweimal schon, in den Jahren 2019 und 2020, hat im Park eine Gartenschau stattgefunden. "Corona hat dem zarten Veranstaltungs-Pflänzchen den Garaus gemacht", meint Irina von Gagern. Offen für Gäste bleibt die Familie trotzdem. "Wenn es die eher seltenen Anfragen von Vereinen oder Gruppen für „Führungen“ gibt, berichten wir immer wieder gern über die interessante Baugeschichte und das Leben in einem jahrhundertealten Haus, die spannende Familiengeschichte und die Herausforderungen, die all dies mit sich bringt."
3 views19:07