2024-03-05 20:23:21
Sekundärer Krankheitsgewinn
Es gibt einige – glücklicherweise wenige - Patienten, die für jeden Lösungsvorschlag zur Heilung ihrer Krankheit gleich mit drei neuen Problemen aufwarten. Das kann dann so weit gehen, dass sich bei mir das Gefühl entwickelt, dass diese Patienten ja gar nicht gesund werden wollen.
Im aktuellen Fall handelt es sich um eine Patientin, deren Mann immer aus seiner Rechtsanwaltskanzlei nach Hause eilen muss, wenn sie eine Panikattacke erleidet. Meine Argumentationskette Eiweiß aufbauen, durch viel Tryptophan (5HTP) und B-Vitamine die Serotoninproduktion im Gehirn unterstützen, Resilienz erzeugen und dadurch Panikattacken verhindern – das alles würde bei ihr mit Sicherheit nicht klappen. Das wusste sie alles schon, bevor sie es überhaupt ausprobieren wollte.
In der Psychologie nennt man das den „sekundären Krankheitsgewinn“. Über diesen Umweg erhoffen sich manche Patienten unbewusst mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung. Ein klassisches Beispiel ist natürlich auch der typische Männerschnupfen, bei dem die ganze Umwelt auf das Leiden aufmerksam gemacht wird.
Ein Patient überreichte mir einmal eine lange Liste mit seinen Befindlichkeitsstörungen der letzten Monate. Was geht in einem Menschen vor, der immer in sich hinein hört, was alles nicht klappt und das durch sein Aufschreiben auch noch manifestiert? Von ihm habe ich verlangt, dass er in Zukunft immer aufschreibt, wenn es ihm gut geht. Denn viel besser ist es, wenn sich das Positive manifestiert.
Psychologie und Psychosomatik spielen eine große - meiner Meinung nach oft unterbewertete Rolle - in der Medizin. Natürlich muss man dazu mit den Menschen reden, und nicht auf jedes Symptom gleich ein Medikament verordnen.
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