MANCHMAL AUCH KÜCHENHILFE LEISTEN Eine der schönsten deutsche | NRD-Kultur
MANCHMAL AUCH KÜCHENHILFE LEISTEN
Eine der schönsten deutschen Erfindungen ist: die Jugendherberge. Sie wurde bekanntlich von Richard Schirrmann erfunden. Schirrmann war Volksschullehrer im Ruhrgebiet und wanderbewegt, was ihm seine Schüler damals sicherlich dankten. Seine Vorgesetzten weniger: hier soll gepaukt werden und nicht in der Gegend herumgeludert, fand man, und versetzte Schirrmann nach Altena im Sauerland, vom brodelnden Hort der Innovation hinter die Fichte.
Doch die Katze lässt das Mausen nicht, und Schirrmann wanderte weiter mit seinen Schülern. In seinem neuen Wohnort richtete er die erste Jugenherberge überhaupt ein: Behelfsübernachtungsplätze in einer alten Schule. Das war im Jahre 1907.
Zwei Jahre später war er wie so oft unterwegs mit einer seiner Schülergruppen. Wegen eines starken Unwetters ließ man sich in einem Dorf ein Notquartier in der örtlichen Schule zuweisen. Dort fasste Schirrmann den Entschluss, jetzt ein länderübergreifendes Netz von einfachen Herbergen für die wandernde Jugend zu initiieren. Konzept: günstige, einfache Unterkunft, geringer Personalaufwand, die Wanderer helfen mit bei der Hauswirtschaft. Herbergen möglichst überall und besonders dort, wo man gerne auf Fahrt geht.
Die Idee passte in die Zeit, besonders in Deutschland. Überall entstanden Häuser, im Ausland nationale JH-Verbände, und bald gab es einen internationalen Dachverband, die IYHF.
In den letzten vierzig Jahren haben sich die Jugendherbergen stark verändert. Da, wo früher einfache Häuser mit zwei Großschlafsälen standen, einer für die Jungs, einer für die Mädels, und wo man selbst abräumte, aufwusch und Küchenhilfe leistete, stehen jetzt oft moderne Budget-Hotels mit Familienzimmern mit angegliederter Toilette und Bar(!) für die Erwachsenen.
Das liegt einfach daran, dass die Hauptkunden heutzutage nicht mehr junge Einzelwanderer zu Rad oder per pedes sind, sondern (a) Klassenreisen und (b) Familien. Da muss das DJH einfach mit der Zeit gehen und die Leder-und-Loden-Atmosphäre opfern, sonst kommen zu wenig Leute. Man kann das schade finden, aber man kann es auch positiv sehen: das Konzept "Jugendherberge" ist flexibel genug, um in sein zweites Jahrhundert zu starten und dabei das alte romantische Erbe der "großen Fahrt", das in den Häusern auf dem Land immer noch als Alleinstellungsmerkmal spürbar ist, mit ins 21. Jahrhundert zu nehmen. Die jungen Einzelwanderer, die all das mit Leben füllen, gibt es nach wie vor, und die Jugendherbergen sind nach wie vor für sie da.
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