2022-02-16 21:01:58
Kriegsgefahr und Inflation – der Mix einer WeltwirtschaftskriseTeil 2 von 2
Vor vier Jahrzehnten gab es einen toxischen Mix. Damals war von Energieknappheit die Rede, die zweite Ölkrise stürzte die westlichen Volkswirtschaften in die Rezession, doch da die Inflationsraten zweistellig waren, entschied sich die US-Notenbank Fed dazu, die Zinsen zu erhöhen und nicht zu senken. Eine straffere Geldpolitik gilt als inflationsdämpfend, belastet aber Konjunktur und Kapitalmärkte.
Brenzlig war die Situation auch wegen der geopolitischen Spannungen: Ende 1979 war die Sowjetunion in Afghanistan einmarschiert, der Kalte Krieg der Supermächte drohte zu einem heißen Krieg zu werden. Ergebnis: Zwischen 1977 und 1981 trat der US-Aktienmarkt unter dem Strich auf der Stelle, ebenso deutsche Aktien.
Jetzige Teuerungswelle eine der stärksten der vergangenen JahrzehnteDie jetzige Teuerungswelle ist eine der stärksten der vergangenen Jahrzehnte. Das rührt zum einen daher, dass Energie einen großen Anteil am Warenkorb hat und zum anderen die Preisanstiege extrem sind. An den Energiebörsen sind die Aufschläge heftig. So lag der Großhandelspreis für Erdgas in Europa zuletzt 390 Prozent über dem Niveau von Anfang 2021, die Großhandelspreise für Strom – die derzeit maßgeblich vom Gaspreis abhängen – sind um 180 Prozent nach oben gesprungen.
Obwohl die Endpreise für private Endabnehmer hierzulande weitgehend durch Steuern bestimmt sind, bleiben solche Preissprünge nicht ohne Folgen: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts hat sich Haushaltsenergie, also Strom und Gas, auf Jahressicht um 18 Prozent verteuert, Benzin und andere Kraftstoffe sind sogar 25 Prozent teurer geworden. Zusammen machen beide Kategorien etwas über zehn Prozent des hiesigen Warenkorbs aus.
Aber über die Transport- und Herstellungskosten verteuern fossile Energieträger auch eine Reihe anderer Produkte, zum Beispiel in der Landwirtschaft, was die Inflationsspirale zusätzlich antreibt. Laut Destatis lagen die Erzeugerpreise agrarischer Produkte im Dezember um mehr als 22 Prozent über dem Vorjahreswert. Auch wenn sich Erzeugerpreise nicht eins zu eins übertragen, bedeutet ein solcher Anstieg über kurz oder lang auch deutlich höhere Preise im Laden.
In der Vergangenheit läuteten explodierende Energiepreise nicht selten einen Bärenmarkt an den Börsen ein. Noch halten die meisten Analysten an ihren optimistischen Aktienprognosen fest, doch die toxische Mischung könnte die Prognosen hinfällig machen.
Bank of America rät ihren Kunden, nicht ins fallende Messer zu fassenVon den ersten Geldhäusern kommen bereits nachdenklichere Töne: Die Bank of America hat ihren Kunden geraten, in der jetzigen Situation nicht ins fallende Messer zu fassen. Die Experten verweisen darauf, dass Börsenpapiere zuletzt relativ hoch bewertet waren.
Zwar sei schon etwas Luft aus den Bewertungen gelassen worden, aber der S&P 500 handele mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 noch immer über dem historischen Schnitt von 16. Zum Jahresende sieht die Bank den amerikanischen Leitindex nur mehr knapp 200 Punkte höher als derzeit. Es wäre ein leichtes Plus, aber eben keine Hausse, wie sie Börsianer in den zurückliegenden Jahren gewohnt waren.
Auch die Investmentbank Goldman Sachs ist etwas zurückhaltender geworden. Die Analysten des Wall-Street-Hauses haben ihr Kursziel für den S&P 500 von 5100 auf 4900 Punkte gesenkt. Zwar wurden die Gewinnschätzungen für dieses Jahr beibehalten und für das kommende Jahr erhöht, aber bei höheren Zinsen würden die Anleger nicht mehr so hohe Bewertungen tolerieren.
Goldman erwartet für dieses Jahr nunmehr sieben Zinsanhebungen durch die amerikanische Notenbank. Mit einer solchen Serie könnte die Fed die Europäische Zentralbank unter Zugzwang setzen, die Geldpolitik ebenfalls zu straffen. Was weiteren Druck auf die Aktienkurse in Deutschland und Europa ausüben würde. Eine wahrhaft toxische Mischung.
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