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KOCH UND DIE WELT Das Robert-Koch-Institut in Berlin hat, wen | NRD-Kultur

KOCH UND DIE WELT

Das Robert-Koch-Institut in Berlin hat, wenigstens in Insider-Kreisen, in den letzten eineinhalb Jahren viel von seinem Ruf verspielt, und zwar durch unverzeihlich schlampige Arbeit und eine Kommunikationspolitik, die man bestenfalls als "irreführend", zutreffender jedoch als "mutwillig" bezeichnen kann.

Das ist ein Anlass, sich an Robert Koch selbst zu erinnern. Liegen bei diesem Licht und Schatten auch so eng beieinander?

Kochs gilt vielen als der erste Hygieniker, aber das ist nicht ganz richtig (dazu unten mehr). Seine ewige Leistung liegt darin, als erster beschrieben und nachgewiesen zu haben, dass ein Mikroorganismus eine Krankheit vermittelt. Diesen Beweis konnte er erstmals mit dem Milzbrand-Erreger antreten (ein grauenhaftes Bakterium, das im 20. Jahrhundert auch als B-Waffe erprobt wurde). Ein paar Jahre später wies er den Tuberkulose-Erreger nach. Tuberkulose kennt man z.B. aus dem "Zauberberg" - die Krankheit forderte im 19. Jahrhundert insbesondere in der Arbeiterschaft etwa 200.000 Opfer im Jahr. Bezogen auf die Bevölkerung wären das heute 400.000.

Was heißt konkret "einen Erreger nachweisen"? Es bedeutet: ein kleines tödliches Tier zu postulieren; Färbemethoden auszuprobieren und das Tier im Mikroskop zu finden und zu isolieren; Ansteckversuche zu unternehmen; Hygieneregeln zu erarbeiten, die auf das Tier und sein Lebensumfeld passen. Da war Koch der erste. Seine Ergebnisse und Mikroskopbilder hatten Strahlkraft, seine Hygieneregeln wurden aufgenommen und befolgt. Das ist Kochs ewige Leistung.

Im Falle des TB-Erregers hat Koch dann versucht, eine Impfung / ein Medikament zu entwickeln und zu vermarkten, das den Erreger im Körper abtötet. Er nannte sie bzw. es "Tuberkulin". Es baute auf der Theorie auf, man müsse die von TB befallenen Körperzellen abtöten, um dem Erreger seine Nahrungsbasis zu nehmen. Die Öffentlichkeit war zunächst euphorisiert, Koch wurde gefeiert und ihm wurde ein Orden verliehen. Doch das Tuberkulin war unwirksam, hatte üble Nebenwirkungen und forderte viele Todesopfer. Wegen seines gottähnlichen Status dauerte es zu lange, bis man diese trübe Bilanz auch öffentlich zog.

Licht und Schatten des Robert Koch finden sich im Wirken des nach ihm benannten Institus wieder. Eine interessante Symmetrie. Die Wirklichkeit schreibt doch immer noch die besten Romane...


PS. Für mich persönlich ist der größere Hygieniker Ignaz #Semmelweis (siehe Artikel vom 1.7.'20). Semmelweis war der erste Wissenschaftler, der eine Vorstellung vom Begriff "Infektion" entwickelte, und war vor allem ein um Längen größerer Arzt. Primum nil nocere; secundum cavere; tertium sanare (bzw.: praevenire).

#koch #tuberkulose #milzbrand #wissenschaft #medizin #deutschland