2021-09-10 14:06:01
Eigentlich war es ein handfester Journalismus-Skandal: Im Mai 2016 versuchten die Gesinnungstäter Markus Wehner und Eckart Lohse, Dr. Alexander Gauland zu linken. In einem vertraulich klassifizierten Hintergrundgespräch über Partei-Interna konfrontierten sie den damaligen stellvertretenden AfD-Vorsitzenden mit dem Namen Jérôme Boateng, vermutlich in der Hoffnung, Gauland würde ihm aufgrund seines Äußeren und seines Namens das »Deutschsein« absprechen. Doch diesen Gefallen hat er den beiden trotz allen Drängens nicht getan. Tatsächlich konnte Gauland wenig mit dem Namen anfangen. Er ließ sich zu der Vermutung hinreißen, daß Leute, die Boateng vielleicht als Fußballspieler gut finden, ihn nicht unbedingt gerne als Nachbarn haben wollten. Das war zwar wenig Substanz für eine Skandalisierung, Wehner und Lohse versuchten es trotzdem hinzubiegen, und schließlich titelte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) reißerisch »Gauland beleidigt Boateng«. [1]
Damit verstießen sie gegen die journalistische Gepflogenheit, Hintergrundgespräche vertraulich zu behandeln. Echte Journalisten brauchen diese fragile Vertrauensbasis, um an exklusive Hintergrundinformationen zu gelangen, die ihnen helfen, Nachrichten besser einordnen zu können. Aber Wehner und Lohse war die vorsätzliche Skandalisierung wichtiger als jeder Erkenntnisgewinn. In dem konformistischen Milieu funktionierte der Skandal letztlich trotzdem, monatelang kaute man auf dem Satz herum. Die Autoverleihfirma Sixt schaltete sogar eine lustige Anzeige für Umzugsfahrzeuge. Leider sind auch einige Parteifreunde über dieses Stöckchen gesprungen und meinten, sich wortreich von Gaulands Äußerung distanzieren zu müssen.
Heute macht Jérôme Boateng weniger durch Fußball von sich reden. Bereits 2019 wurde ein erstes Strafverfahren gegen Boateng eingeleitet. Es ging um vorsätzliche Körperverletzung gegen seine Ex-Freundin Kasia Lenhardt, die sich nach einer Trennungs-Schlammschlacht das Leben nahm. Sie hinterließ einen kleinen Sohn. Gestern wurde Boateng wegen Körperverletzung gegen seine Ex-Verlobte Sherin zu 1,8 Mio. Euro Schadensersatz verurteilt (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig).
Ich kann jedenfalls jeden verstehen, der sich solche Familienverhältnisse nicht in seiner unmittelbaren Nachbarschaft wünscht.
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[1] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-05/gauland-rundschreiben-afd?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F
[2] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/noch-vor-der-obduktion-von-kasia-lenhardt-ermittlungen-gegen-jerome-boateng-wegen-koerperverletzung/26948186.html
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