2021-10-22 10:56:21
Therapie hilft dem Zwang zu begegnenEine krankhafte Angst vor Verkeimung tritt nur selten als isoliertes Symptom auf, wie Rufer ausführt: «Wenn die Ängste besonders stark sind und länger bestehen bleiben, kommen sehr oft Wasch- oder Reinigungszwänge hinzu.» Ein Teufelskreis, aus dem der Phobiker ohne Hilfe praktisch nicht entkommen kann. Hier setzt die kognitive Verhaltenstherapie an: Der Psychiater/Psychologe erörtert gemeinsam mit dem Patienten die persönlichen Ursachen der Störung. Schrittweise wird der Betroffene mit seinen Befürchtungen konfrontiert und lernt so, mit den auftretenden Ängsten und Ekelgefühlen umzugehen, um so auf seine ursprüngliche Befürchtung konstruktiv einwirken zu können. Die Erfolgsquote für das Lernen, das Problem auf diese Weise langfristig in den Griff zu bekommen, liegt laut Michael Rufer bei 70 bis 80 Prozent.
Gut verdaut, Mikrobe sei Dank!Wie absurd die Furcht vor Bakterien und Pilzen eigentlich ist, macht der Biologe und «Spiegel»-Autor Jörg Blech auf unterhaltsame Art und Weise in seinem Buch «Leben auf dem Menschen» bewusst. Blech zufolge leben die meisten der rund hundert Billionen Bakterien, Pilze und anderen Mikroben in friedlicher Koexistenz mit den zehn Billionen menschlichen Zellen zusammen, aus denen unser Körper besteht. Doch nicht nur das: Ohne sie wären wir langfristig nicht lebensfähig. Bereits kurze Zeit nach unserer Geburt besiedeln sie unter anderem unseren Darm, regeln die Verdauung und werden so zu einem wichtigen Bestandteil unseres Immunsystems.
Während übertriebene Hygiene mehr schadet als nützt, ist ein gesundes Reinlichkeitsverständnis im Alltag durchaus sinnvoll. Das gilt insbesondere für Menschen mit geschwächtem Immunsystem: «Personen, die aufgrund einer Chemo- oder einer anderen Immuntherapie ein beeinträchtigtes Immunsystem aufweisen, sollten etwas vorsichtiger sein. Grundsätzlich ist regelmässiges Händewaschen mit Seife, besonders vor dem Essen, sehr zu empfehlen», rät Christian Ruef, Leiter Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich.
Dass das Immunsystem nur gestärkt werden kann, indem man sich Viren und Bakterien regelrecht aussetzt, ist für ihn nichts als ein in der Bevölkerung weit verbreiteter Irrtum. Seiner Meinung nach «handelt es sich dabei um eine Mär, denn wir kommen ohnehin ständig mit unterschiedlichsten Erregern in Kontakt, auf die unser Immunsystem ohnehin andauernd reagiert. Ob wir uns dieser Vielzahl von Bakterien mehr oder weniger aussetzen, spielt also überhaupt keine Rolle.
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