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3.4 Afrika: Ein neuer Marshall-Plan? Historische Vergleiche si | Nachrichten von Gestern und Heute

3.4 Afrika: Ein neuer Marshall-Plan?
Historische Vergleiche sind immer heikel und vereinfachen oft zu sehr, aber hierbei bin ich mir ziemlich sicher: Ostafrika 2022 ist nicht Westeuropa 1948. Die USA betrieben nach dem Zweiten Weltkrieg eine Westeuropa-Politik entlang des Marshall-Plans der 1. wichtige Absatzmärkte für US-Produkte schaffen sollte, 2. Westeuropas Währungspolitik stabilisieren sollte und 3. angesichts des aufkommenden Kalten Krieges Westeuropa von den Vorzügen des Kapitalismus überzeugen sollte. Deswegen tätigten die USA Investitionen und vergaben Kredite, um die Politik und Wirtschaft Westeuropas an sich zu binden und dort zu stabilisieren: Von 1948 bis 1952 flossen so umgerechnet 100 Milliarden Dollar von den USA nach Europa (145). Die Investitionen und Kredite waren von Vorteil für Westeuropa, weil es von Vorteil für die USA war, dass Westeuropa Vorteile durch den US-Kapitalismus genießen sollte. Die Grundbedürfnisse der Westeuropäer wurden auf diese Weise relativ schnell gedeckt, weil die USA nicht bloß US-Dollars nach Europa schickten, sondern insbesondere Waren, die dann in Europa weiterverkauft wurden. Der Erlös dieses Verkaufs ging an die Zentralbanken, was die Währungspolitik wiederum maßgeblich stabilisierte.
Auch im ostafrikanischen Kontext ist manchmal vom neuen Kalten Krieg zwischen den USA und China die Rede, außerdem von einem „Marshall-Plan für Afrika“. Haben die USA in Ostafrika also ähnliche Absichten, wie in Westeuropa nach 1948? Es gibt mehrere grundlegende Unterschiede dieser beiden historischen Umstände: 1. Ostafrika ist keine akute Grenzregion zwischen den Einflussgebieten von USA und China, wie es Europa nach 1948 war, 2. Ostafrika befindet sich bereits seit Jahrzehnten im Einflussbereich des Marktkapitalismus, während in Westeuropa nach 1945 noch viele andere Ideologien weit verbreitet waren, 3. Chinas Konkurrenz ist im „Kampf der Systeme“ relativ gering, weil Chinas System nach Außen dem US-System nach Außen ähnlich ist und 4. Chinas Aggression ist militärisch vergleichsweise gering und sein militärischer Einfluss beschränkt sich auf die geographischen Regionen rund um China. Diese vier Unterschiede sind meiner Meinung nach ausschlaggebend dafür, dass die strategischen US-Interessen in Ostafrika anders sind. Es gibt noch einen fünften Grund.
Der Marshall-Plan hieß auch European Recovery Programm ERP, er stellte also einen Zustand wieder her. Gibt es in Afrika überhaupt einen wiederherzustellenden stabilen Zustand, der ernsthaft angestrebt werden kann? Für die afrikanischen Staaten hat sich in den letzten Jahrzehnten ein Hilfssystem entwickelt, das zwar Kapital für Projekte in Ostafrika zur Verfügung stellt, durch das das Kapital aber auch zu seinen „Gebern“ zurückfließt (148). Dafür werden die armen Bevölkerungsteile ihres Kapitals beraubt, nur um es dann in Form von Hilfszahlungen kurzfristig zurückzubekommen – sie werden also arm gehalten (148). Die Staaten Westeuropas sind nach dem Krieg nicht in eine solche Abhängigkeit geraten, weil sie eigene ausgebaute Industrien und Ressourcen hatten (145). Das hatte auch damit zu tun, dass der Marshall-Plan auf einen Zeitraum limitiert und bloß eine Starthilfe war (145). Das ist in ganz Afrika, auch in Ostafrika, anders. Seit Jahrzehnten fließen hier ohne langfristige Pläne Milliarden Dollar hin. Ein „Marshall-Plan für Afrika“ müsste also in erster Linie die Limitierung von Hilfszahlungen bedeuten. Das ist inzwischen nicht mehr möglich, weil die afrikanischen Staaten in Abhängigkeit von den Hilfszahlungen geraten sind, die durchschnittlich 15% der BIPs ausmachen (145). Das ist der fünfte zentralen Unterschied zu Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg: Die ostafrikanischen Staaten haben keine ausreichenden wirtschaftlichen, institutionellen und politischen Grundlagen, weder für langfristige Investitionsvorhaben, noch für kurzfristige Investitionsspritzen.