2022-08-02 16:23:18
Das altnordische Wort #vápnadömr bedeutet: "Rechtsprechung durch Waffen" und ist eng mit dem Prinzip des Tyrs verwandt. Tyr ist der Scharfrichter, der die Gerechtigkeit durchsetzt, welche der Richtergott Forseti spricht. Tyr ist der Schutzherr und der Verteidiger des Gesetzes. Ähnlich der römischen Justitia, der griechischen Dike oder dem ebenfalls germanischen Forseti ist er mit der Waage der Gerechtigkeit und dem Schwert ausgestattet. Er spricht ohne Ansehen der Person Recht und richtet entsprechend. Tyr, Ares und Mars sind also nur deshalb Kriegsgötter, weil sie das Recht (notwendigenfalls) auch mit Waffengewalt durchsetzen.
In Wirklichkeit sind Forseti und Tyr die Vorsitzenden des altgermanischen Things, der Rats- und Rechtsversammlung der frühen Heiden. Als sich zu späterer Zeit die christliche Religion ausbreitete, führte die Kirche bei der Christianisierung der Heidenvölker auch eine neue Form der Rechtsprechung ein. Fortan nannten die Christen das althergebrachte Recht der Heiden und deren Thing = Tyrannei.
Tyrannei bedeutet demzufolge Tyr-Gerechtigkeit und meint damit die alte Form der Rechtssprechung durch die Ratsversammlung. Dazu im Gegensatz steht die neue christliche Rechtssprechung durch den Papst, der sich auf die Bibel und das Gottesgesetz beruft.
Tyrannei bedeutet dem Wortsinn nach also gar nichts Verwerfliches (entsprechend der heutigen Sinnunterlegung), sondern bezeichnet stattdessen das Recht des germanisches Thing-Gottes Tyr. Das Recht und das Gesetz der alten Heiden.
Tyr besaß in der Mythe den Mut, als Zeichen des gegenseitigen Vertrauens, seine Hand als Unterpfand in das Maul des Fenriswolfes zu legen. Hier sehen wir Tyr als Patron des Gesetzes, der Ehrhaftigkeit, der Wahrheit und der Gerechtigkeit, der als erster einen Meineid schwört, indem er den Wolf glauben läßt, daß er freigelassen wird. Der Preis, den Tyr dafür zahlt, ist der Verlust seiner rechten Hand (Martyrium). Deshalb wird Tyr auch als der einhändige Gott dargestellt. Diese Tyr-Geschichte ist die Grundlage der Wortbedeutung: Martyrium, Märtyrer und somit auch der Sinnbegriffe Marter und Folter, die ja oft mit Tyrannei in Verbindung gebracht werden. In späterer Zeit wurde die Geschichte von den Qualen des Tyrs, die er für andere auf sich nahm, durch die Erzählungen über den Leidensweg und die Kreuzigung Jesu ersetzt. Somit wurde der alten Geschichte ein neues (christliches) Gewand verliehen.
Auszug aus dem Buch: Lexikon der Symbolsprache - Jens Holger Og -
t.me/HueterderIrminsul
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