2021-10-14 12:28:46
Die Stellung des Deutschen Kaisers
Teil 1/2„Das Präsidium des Bundes steht dem König von Preußen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser führt“. (RV. Art. 11, Abs. 1.)
Der Begriff des Bundespräsidiums ist durch die Verknüpfung desselben mit dem Kaisertitel nicht verändert worden. Aus den geschichtlichen Vorgängen, die zur Wiederaufrichtung des Kaisertitels führten, aus den Motiven und Erklärungen, mit denen die Vorlage der Verfassungsredaktion und deren Beratung begleitet wurde und vor allem aus den angeführten Worten der RV. selbst, ergibt sich mit unzweifelhafter Gewissheit, dass das Kaisertum ganz und vollkommen identisch ist mit dem Bundespräsidium und das es, abgesehen von dem Titel und den demselben entsprechenden Insignien, keine Rechte enthält als die Präsidialrechte.
Der Kaiser ist nicht Souverän des Reiches, die Reichsgewalt steht nicht ihm, sondern der Gesamtheit der Deutschen Bundesfürsten und freien Städten zu, wo er für das Reich Willenserklärungen abgibt oder Handlungen vornimmt, handelt er im Namen des Reiches, wo dem Reichstag gegenüber das Subjekt der Reichsgewalt in Betracht kommt, handelt er im Namen der verbündeten Regierungen.
Die Stellung des Kaisers ist andererseits nicht ähnlich der Stellung des Präsidenten eines republikanischen Staates, der Kaiser wird nicht von dem Souverän des Reiches ernannt, er ist nicht absetzbar, er ist nicht verantwortlich, er ist niemandes Untertan, er hat die Präsidialrechte Kraft eigenen Rechts. Er kann nicht Beamter sein, wie der Präsident einer Republik, weil er Mitsouverän ist und er kann nicht Monarch sein, weil er nicht alleiniger Souverän ist. Während der Monarch im konstitutionellen Staate in der Staatsgewalt enthaltenen Rechte und Befugnisse hat, welche nicht durch die Verfassung oder die Landesgesetze ihm entzogen sind, hat der Kaiser als Organ des Reiches nur diejenigen Rechte und Befugnisse, welche ihm durch die Reichsverfassung oder Reichsgesetze übertragen sind.
Die Stellung des Kaisers im Reich ist durch die kaiserlichen Rechte allein nicht vollständig gegeben, sie finden ihre notwendige Ergänzung in der Verfassung und den Gesetzen Preußens. Das Recht auf das Bundespräsidium ist ein Sonderrecht des Königs von Preußen, nur das er sich nicht auf die Kompetenz des Reiches gegenüber den Einzelstaaten bezieht, sondern auf den Anteil an der Willenstätigkeit des Reiches selbst. Nur dadurch, dass man die Präsidialbefugnisse in untrennbaren Zusammenhang bringt mit den, der Krone Preußens. Wenn man das Recht auf die Ausübung dieser Präsidialbefugnisse auf die accessorische Vorrecht Preußens auffasst, gewinnt man den staatsrechtlichen Begriff des Kaisers. Das Recht auf die kaiserliche Stellung ist ein Recht Preußens, dagegen sind die Rechte des Kaisers nicht Rechte Preußens, sondern des Reiches, der Kaiser übt als ein Organ des Reichs die dem letzteren zustehenden Souveränitätsrecht aus, soweit die Verfassung und die Gesetze des Reiches ihn dazu berufen.
Das Kaisertum ist untrennbar mit dem Preußischen Königtum verbunden, aus diesem Grunde hat die Reichsgewalt gar keine selbstständigen Vorschriften über den Erwerb der Kaiserwürde.
Teil 1/2
Alex
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