2021-11-05 15:50:33
taz: Tori Amos, wie groß war im vergangenen Jahr Ihre Sorge, dass Donald Trump eine zweite Amtszeit bekommen könnte?
Tori Amos: Die Sorge war angebracht. Sie trieb nicht nur mich um. Es ging dabei um ein großes Missverständnis. Das hat die US-Innenpolitikexpertin und Journalistin Sarah Kendzior, die mit ihrer Kollegin Andrea Chalupa den Podcast „Gaslit Nation“ betreibt, gut in Worte gefasst. Sie erklärte, dass die Leute fälschlicherweise angenommen haben, sie hätten bei der Präsidentschaftswahl 2020 lediglich die Entscheidung zwischen zwei alten Männern. Dabei war diese Wahl eigentlich eine Abstimmung über zwei Regierungssysteme. Entweder für den Fortbestand der Demokratie oder für das Entstehen eines autoritären Regimes. Streng genommen hat Kendzior in Hinblick auf Trumps Amtsauffassung sogar den Begriff Plutokratie verwendet, er erscheint mir allerdings zu vage. Wie dem auch sei: Wie es nach der Wahl Anfang Januar weiterging, war noch schockierender, als alle Prognosen.
Sie meinen den Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar?
Genau. Wenn der Präsidentschaftskandidat verliert, den ich gewählt habe, betrübt mich das zwar, dennoch glaube ich weiter an die Regierungsform Demokratie und akzeptiere das Wahlergebnis, statt deshalb die Niederlage anzuzweifeln. Aber viele republikanische Wähler:innen haben genau das getan. Beim Sturm auf das Kapitol waren Trump-Anhänger:innen willens, die Grundfesten der Demokratie niederzutrampeln – aufgepeitscht von eigennützigen Politikern. Nicht nur Trump allein hatte zuvor Stimmung gegen das amtliche Wahlergebnis gemacht, das taten auch andere prominente Konservative. Was wiederum zu verabscheuungswürdigen Szenen in Washington führte. Spätestens da wurde mir klar: Ich muss dieser dort zum Ausdruck gekommenen Negativität etwas entgegensetzen.
12 viewsTim K Der Patriot, 12:50