2021-12-27 19:51:17
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Das globale Finanzsystem gleicht einem Patienten, der nur durch immer neue Eingriffe am Leben erhalten werden kann. Die wichtigste Rolle bei der Festlegung der lebenserhaltenden Maßnahmen spielen die Zentralbanken. Führend unter ihnen ist die US-amerikanische Federal Reserve (FED).
Die Entscheidungen der FED sind deshalb so wichtig, weil die USA bis heute über die stärkste Volkswirtschaft der Erde verfügen und der US-Dollar noch immer die weltweit meistgehandelte Währung ist. Fast alle anderen Zentralbanken der Welt halten mehr als die Hälfte ihrer Reserven in Dollar, sind also von jedem Beschluss der FED direkt betroffen.
Die FED aber hat sich in den vergangenen Jahren in eine aussichtslose Position manövriert. Die ultralockere Geldpolitik, mit der sie das globale Finanzsystem seit der Weltfinanzkrise gestützt und die sie im Rahmen der Eurokrise drastisch ausgeweitet hat, sorgt seit Jahren für immer größere Blasen an den Anleihen-, Aktien- und Immobilienmärkten. In diesem Jahr schlägt die FED-Politik zudem in Form einer rasch anziehenden Inflation immer härter auf den Alltag der Bevölkerung durch.
Betrug die offizielle jährliche Inflationsrate der USA im Januar 2021 noch 1,4 Prozent, so lag sie im Oktober bereits bei 6,2 Prozent. Das ist der stärkste Preisanstieg seit über dreißig Jahren. Während FED-Chef Jerome Powell bis vor kurzem noch von einem „vorübergehenden Phänomen“ sprach, hat er sich inzwischen korrigiert und schätzt den Preisanstieg nun als „hartnäckiges Problem“ ein.
Dieses Eingeständnis seiner – vermutlich politisch begründeten – Fehleinschätzung wird Powell jedoch nicht helfen. Seine derzeitige Situation gleicht der eines Soldaten, der an vorderster Front kämpft und plötzlich feststellt, dass ihm die Munition ausgeht. Hier der Hintergrund:
Die Mittel der FED sind erschöpft
Das offizielle Ziel der FED besteht in einer Inflationsrate von zwei Prozent. Ihr stehen, um diesen Wert zu erreichen, zwei Instrumente zur Verfügung: die Geldschöpfung und die Festlegung des Leitzinses. Beide Mittel hat die FED in den zurückliegenden Jahren und Monaten exzessiv eingesetzt. Sie hat ihre Bilanz in kaum vorstellbarer Weise von circa 880 Milliarden US-Dollar im Oktober 2007 auf aktuell 8,7 Billionen US-Dollar ausgeweitet und die Zinsen im März 2020 bis auf 0,25 Prozent gesenkt.
Damit aber hat sie einen kritischen Punkt erreicht. Da das Bankensystem in seiner gegenwärtigen Form auf Dauer nicht mit Negativzinsen leben kann, verbleibt der Fed bei ihrer Zinspolitik von nun an nur noch ein Spielraum von 0,25 Prozent.
Das ist jedoch erheblich zu wenig, um die Lage beim nächsten Einbruch der Finanzmärkte, der mit absoluter Sicherheit kommen wird, zu stabilisieren. Um gegenzusteuern, bleibt Powell also nur noch die Möglichkeit, die Geldmenge drastisch auszuweiten. Das aber wird die Inflation auf immer neue Höhen treiben und nicht nur den Wert des Geldes, sondern auch die Glaubwürdigkeit der FED untergraben.
Um seine Haut zu retten, unternimmt Powell angesichts dieser bedrohlichen Aussichten nun den Versuch, die ultralockere Geldpolitik vorsichtig zu straffen, und zwar in zwei Schritten: Zunächst werden die monatlichen Anleihekäufe in Höhe von 120 Milliarden Dollar um 15 Milliarden Dollar zurückgefahren. Im nächsten Jahr sollen dann die Zinsen vorsichtig wieder angehoben werden.
Dieser überaus zaghafte Versuch, die Geldflut einzudämmen, wird jedoch nicht gelingen, denn diese Strategie ist schon einmal gescheitert: 2018 hob die FED unter Powells Vorgängerin Janet Yellen die Zinsen zwischen Dezember 2017 und Dezember 2018 viermal um jeweils 0,25 Prozent an. Das Ergebnis war ein Erdrutsch an den internationalen Aktienmärkten, die zum Jahresende 2018 den stärksten Einbruch seit achtzig Jahren erlebten.
Der Hauptgrund für die Aussichtslosigkeit der Bemühungen liegt darin, dass wir es nicht nur mit der größten Geldmenge aller Zeiten zu tun haben, sondern auch mit dem höchsten Schuldenberg.
3.5K viewsGernot - Arminius, 16:51