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Kolumne Rechtsstaat, Demokratischer Widerstand, Ausgabe 96, 09 | Weiterdenken-Marburg

Kolumne Rechtsstaat, Demokratischer Widerstand, Ausgabe 96, 09.07.22

Verfassungsgebende Versammlung und Art. 146 GG
„Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ So lautet der letzte Artikel des Grundgesetzes, ein Artikel der kontrovers wie kein zweiter innerhalb der Demokratiebewegung diskutiert wird.

Spätestens seit dem 29.08.2020, der Ausrufung der verfassungsgebenden Versammlung auf der Querdenken 711 Bühne in Berlin, wird heftig darüber debattiert, ob wir eine „echte“ Verfassung brauchen, um beispielesweise die Corona-Krise zu überwinden oder künftige Rechtsbrüche zu verhindern. Ich halte das Thema für eine Geisterdiskussion, da die Corona-Maßnahmen praktisch weltweit durchgesetzt wurden. In Demokratien mit selbst gegebenen Verfassungen, in Diktaturen, autoritären Staaten und in Deutschland, mit dem Grundgesetz als höchstem nationalen Recht. Jedem Volk steht es frei, sich in freier Selbstbestimmung eine (neue) Verfassung zu geben. Art. 146 GG verweist daher nach meinem Verständnis lediglich auf eine völkerrechtliche Selbstverständlichkeit hin.

In einer neuen Verfassung die Lösung der Corona-Krise zu sehen halte ich für völlig unrealistisch, schon mangels ausreichender demokratischer Legitimation. Ideen einbringen kann jeder, aber wer gibt „uns“ das Recht, für 83 Millionen Menschen zu sprechen? Was wäre wohl passiert, wenn im Sommer 2020 eine neue Verfassung beschlossen worden wäre? Wäre diese in unserem Sinne gewesen? Nebenbei, im Moment würde bei einer neuen Verfassung wohl Claus Schwab mitschreiben.
Eine nüchterne Betrachtung der Veränderung der Gesellschaft seit 1949 lässt nur einen Schluss zu. Das was heute politisch mehrheitsfähig ist, ist gerade in Bezug auf unsere Grundrechte um ein vielfaches schlechter als die Regelungen, die das Grundgesetz vorgibt und die bis März 2020 zumindest einigermaßen eingehalten wurden.
Natürlich muss das Grundgesetz ergänzt werden um künftige Krisen zu verhindern, beispielsweise durch eine Selbstentmachtung der Regierung im Ausnahmezustand. Aber unsere Forderung muss sein, dass die Rechte, die uns das Grundgesetz gibt, eingehalten werden.

Markus Haintz