'Die Menschenliebe ist meiner Ansicht nach die einzige Tugend | WEDEN & ASATRU Archivarium
"Die Menschenliebe ist meiner Ansicht nach die einzige Tugend und muß besonders denen zu eigen sein, die eine hohe Stellung in der Welt einnehmen. Es ist das Amt jedes Herrschers, sei er groß oder klein, nach allen Kräften dem menschlichen Elend abzuhelfen. Er ist gleichsam der Arzt, der freilich nicht die körperlichen Gebrechen, wohl aber das Unglück seiner Untertanen heilt. Die Stimme der Unglücklichen, das Stöhnen der Elenden, das Jammern der Bedrückten muß zu ihm dringen. Aus Mitleid mit den andern und im Gedanken an sich selbst oder auch aus eigener Erfahrung muß er vom Elend gerührt werden; und wenn er nur etwas Gefühl in der Brust hat, werden die Unglücklichen bei ihm alles Erbarmen finden. Ein Herrscher ist für das Volk dasselbe, wie das Herz für den Mechanismus des Körpers. Dies empfängt das Blut aus allen Gliedern und treibt es wieder zu ihnen zurück."
Friedrich der Große (1712-1786), König von Preußen und Markgraf von Brandenburg, Brief an Voltaire vom 8. Januar 1739, entnommen aus 'Dem Staate dienen: herausgegeben von Uwe Greve', S. 26
