2022-08-23 21:23:13
In Anlehnung noch ein älterer Text von mir, welcher überarbeitet wohl wieder zur Veröffentlichung taugt:
Schicksal:
In den alten Mythologien wurde das Schicksal oft durch drei Frauen dargestellt. Im Nordischen haben wir die Nornen, im Römischen die Parzen und im Griechischen die Moiren.
Was allen gemein ist, ist die Aufteilung ihrer Zuständigkeiten. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.
Im Griechischen wird es schon durch die Namen deutlich.
Κλωθώ Klōthṓ, die Spinnerin.
Λάχεσις Láchesis ist die Zuteilerin.
Ἄτροπος Átropos, das Unabwendbare.
An den Nornen sieht man gut, wie alles dem selben Urgrund entspringt.
Urd: Das Schicksal bzw. Gewordene. Sie ist ein altes Weib, das nach hinten in vergangene Zeit blickt.
Verdandi: Die Gegenwart bzw. Seiende. Sie ist ein junges Weib, das nach vorne blickt.
Skuld: Die Zukunft bzw. das Werdende. Sie wird als unberechnbar angesehen und hegt keine Liebe zu den Göttern und Menschen. In jeder Hand hat sie ein verschlossenes Buch bzw. eine ungeöffnete Schriftrolle. Sie blickt in die entgegengesetzte Richtung von Urd.
Interessant ist hier auch der Blick nach Osten.
Hier wird von Ernte gesprochen.
Prarabdha erntet man gerade, ist also das Ergebnis der Vergangenheit.
Agami schafft man sich gerade.
Sanchita ist die zukünftige Ernte, also die Zukunft.
Was bringt nun das Nachsinnen über das Schicksal, wenn es doch gegeben ist?
Es ist nicht einfach gegeben, denn sonst wäre jedes Bewußtsein zur Untätigkeit verbannt.
Schicksal ist das Werden und Vergehen mit dem Augenblick als Zentrum, aus dem heraus der Mensch macht seines Willens Mitgestalter des Kosmos wird.
Dazu muß er in sein eigenes Zentrum vorstoßen und erkennen, was sein Wille ist, sein eigentlicher Wille, losgelöst von den Wassern, über den Wassern; also wahrlich Mensch sein.
Der wahre Mensch, so wie er gedacht, der Anthropos (griech. ἄνθρωπος, von anti und tropos, wörtlich: der entgegen Gewendete) überwindet das nur Natürliche, er ragt über die Natur hinaus und tritt den Göttern trotzend entgegen.
Bewegt er einen hohen Gedanken, bewegt er eine ganze Welt.
"Feiger Gedanken
Bängliches Schwanken,
Weibisches Zagen,
Ängstliches Klagen
Wendet kein Elend,
Macht dich nicht frei.
Allen Gewalten
Zum Trutz sich erhalten,
Nimmer sich beugen,
Kräftig sich zeigen,
Rufet die Arme
Der Götter herbei!"
Goethe
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