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Entweder die Staatsanwaltschaft Halle versteht das Strafgesetz | Friedemann Däblitz

Entweder die Staatsanwaltschaft Halle versteht das Strafgesetzbuch nicht, oder die deutsche Presse kennt den Unterschied zwischen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nicht.

"Alles für Deutschland", Staatsanwaltschaft Halle will Anklage gegen Björn Höcke wegen Volksverhetzung erheben.
Höcke soll bei der AfD-Wahlveranstaltung in Merseburg die SA-Losung „Alles für Deutschland“ gerufen haben. Die SA war die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP.
Der damalige Vorsitzende der Grünen in Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, hatte wegen des Spruchs Strafanzeige gegen Höcke erstattet.

Kommentar:
"Deutschland verrecke", kein Thema, darf man sagen, man erntet dafür sogar Applaus. "Bomber Harris do it again", auch legal, man darf also fordern, deutsche Zivilisten erneut mit einer Feuerwalze aus der Luft zu töten. "Alles für Deutschland" = Volksverhetzung, da SA-Losung? Nein, schon juristisch falsch subsumiert.

Zunächst einmal werden weniger als 1 % der Deutschen überhaupt wissen (ich wusste es nicht), wie die Lösung des SA war. Und zweitens ist der Ausspruch, "Alles für Deutschland", also alles für das eigene Land zunächst so banal, dass man wohl kaum eine Straftat daraus "basteln" kann. Oder doch?

Wie hat man sich bei der Waffen-SS-Division Galizien begrüßt? Mit Slawa Ukrajini? Ach ja, hat man. Und dabei wurde der rechte Arm zum "faschistischen Gruß" erhoben. Heute ist man in Deutschland ein "Putinfreund", wenn man nicht regelmäßig Slawa Ukrajini ruft und zur ukrainischen Flagge salutiert.

Aber man muss gar nicht die Ukraine als Beispiel nehmen. Nehmen wir doch doch die Initiative "Du bist Deutschland", etwa 20 Jahre her. Wer hat mit diesem Slogen auch schon mal geworben, richtig, die Nazis, siehe hier, im "unverdächtigen" Spiegel.

Die Staatsanwaltschaft möge mitteilen, nach welchem Absatz des § 130 StGB sie hier wegen Volksverhetzung anklagen möchte, ich bin gespannt, geht nämlich nicht.

Es gibt hierzu lediglich ein relevantes Urteil (des BGH) vom 15.12.2005. Dort wurde wegen Volksverhetzung (juristisch im Rahmen des materiellen Rechts völlig nachvollziehbar) verurteilt für die Äußerung:
5 An die Gegendemonstranten gewandt fuhr der Angeklagte anschließend wie folgt fort: "Im Weltnetz fand ich gestern einen Antifa-Artikel, in dem uns, damit auch mir unterstellt wurde, etwas gegen Linke, Juden, Homosexuelle, Obdachlose, Zigeuner et cetera zu haben. ... diese Aussage stimmt nicht. Ich habe gar nichts gegen Obdachlose."
6 Er riet den Gegendemonstranten, falls sie in einem "national erwachten Deutschland" nicht leben wollten, Asylantrag bei ihren "Freunden in Israel" zu stellen, da das "deutsche Reich wohl keine Verwendung" für sie haben werde. Seine Rede beendete er mit den Worten: "Nichts für uns, alles für Deutschland! Ein Volk, ein Reich, ein Glaube!"

Diese Äußerung hat mit der von Björn Höcke aber nun gar nichts zu tun. Volksverhetzung kommt hier nicht in Betracht.

Eine Strafbarkeit könnte sich allenfalls nach § 86a (1) Nr. 1 für die Verwendung von Kennzeichen (Parolen zählen nach (II) auch dazu) verfassungswidriger Organisationen ergeben.
Eine solche hat das OLG Hamm, Urteil vom 1. 2. 2006 - 1 Ss 432/05 (NStZ 2007, 45, beck-online) für die Parole "Alles für Deutschland" angenommen.
1. Wer auf einer Versammlung im Rahmen einer Rede den Ausruf „Alles für Deutschland” verwendet, macht sich nach § 86a I Nr. 1 StGB strafbar. (Leitsatz des Gerichts)

In einschlägigen Kreisen, wozu Höcke zählen dürfte, wird es daher wohl am Ende zu einer Verurteilung kommen. Wenn auch nicht wegen Volksverhetzung, aber Volksverhetzung klingt für die Presse wohl einfach "besser".

Markus Haintz
Rechtsanwalt