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3.6 'Tribalismus' 3.6.2 Ivoirité Die Ivoirité der 1990er wirkt | Nachrichten von Gestern und Heute

3.6 "Tribalismus"
3.6.2 Ivoirité
Die Ivoirité der 1990er wirkt auf den ersten Blick wie ein typischer Nationalismus - nämlich der Nationalismus der Elfenbeinküste. Sie ist ein Beispiel dafür, welche Konflikte die koloniale Grenzziehung verschärfte und wie „Tribalismus“ mit Nationalismus verschwimmt. Diese Ideologie, die vom ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo vertreten wurde, schließt Nicht-Ivorer und Ivorer mit nicht-ivorischen Eltern von der Staatsbürgerschaft und der Kandidatur fürs Präsidentenamt aus. Auf diese Weise sicherte sich die „südliche Elite“ ihre politische Macht und ihre Einnahmequellen. Insbesondere Menschen aus Mali und Burkina Faso, die das schwindende „ivorische Wirtschaftswunder“ der 1980er erarbeitet hatten, sollten somit aus der ivorischen Gesellschaft ausgeschlossen werden. Dadurch wurden zum Beispiel die Nation der Dyula diskriminiert. Die Dyula migrierten vor und nach der kolonialen Grenzziehung häufig zwischen den heutigen Staaten Elfenbeinküste, Mali und Burkina Faso.
Einen ähnlichen Hintergrund hatte die mutmaßlich in Burkina Faso geborene Mutter des seit 1990 in der Elfenbeinküste regierenden liberalen Premierministers Alassane Ouattara. 1995 durfte er bei den entscheidenden Präsidentschaftswahlen nicht antreten, da er seine Ivoirité nicht nachweisen konnte. Das war ein gezieltes politisches Manöver des späteren Wahlsiegers Henri Konan Bédié. In den folgenden Jahren wurden immer mehr Bewohnern des Norden der Elfenbeinküste die Staatsbürgerschaft aberkannt, sodass Anfang der 2000er gut ¼ der ivorischen Bevölkerung nicht als ivorisch genug galt. Das führte auch zu Landkonflikten, da Nicht-Ivorer keine Ländereien besitzen durften, das Bodenrecht in den 1990ern mit der Zusammenarbeit der Weltbank aber fixiert wurde. Dieses Zusammenspiel an politischen Maßnahmen kam seit 1998 einer Enteignung des Nordens gleich. Diese Gemengelage führte 2002 zum Ausbruch des Bürgerkrieges, in dem – vereinfacht – der Norden unter Ouattara gegen den die Ivoirité verteidigenden Süden Gbagbos kämpfte. Die Paranoia, die vor Nicht-Ivorern geschürt worden war, führte bis 2012 zu tausenden Toten. Dieser Konflikt hält bis heute an, aber er dominiert nicht mehr (9). Als Ouattara und Gbagbo sich 2021 zum ersten mal sei Ende des Bürgerkrieges trafen, umarmten sie sich und es fehlte nur noch der Bruderkuss.