2022-01-26 12:39:14
Der Stasi-Agent, der die WELT narrteAdolf Josef Kanter gehörte vier Jahrzehnte lang zu den Topspionen der DDR im Westen. Er befeuerte den Parteispendenskandal, ließ Egon Bahr abhören – und wehrte sich mit viel Chuzpe gegen seine Enttarnung.
Angriff ist die beste Verteidigung – auch und gerade für Spione, deren Tarnung wackelt. Zumindest wenn sie sehr gute Nerven haben. Wie Adolf Kanter. Anfang 1986 ging der ehemalige Bonner Lobbyist des Düsseldorfer Flick-Konzerns in die Offensive – gegen die WELT. Denn am 22. Januar hatte die Zeitung, seinerzeit ansässig in der Bundeshauptstadt Bonn, einen Vermerk im Wortlaut veröffentlicht, den der damalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heribert Hellenbroich, am 5. Dezember 1984 verfasst hatte.
Es war die Zeit der Flick-Affäre, des größten Parteispendenskandals der Bundesrepublik. Um im Jahr 1975 Steuervorteile in Höhe von fast einer Milliarde DM für Aktienverkäufe zugesprochen zu bekommen, hatte der Flick-Konzern an CDU, CSU, FDP und – in deutlich geringerem Umfang – an die SPD zusammen fast zwei Millionen DM Schwarzgeld bezahlt. Im Zuge der Ermittlungen ab 1981 kam heraus, dass Flick binnen elf Jahren sogar insgesamt rund 25 Millionen DM für „politische Landschaftspflege“ an Parteien weitergegeben hatte – durchweg illegal.
In Hellenbroichs Vermerk hieß es: „Gibt es irgendwelche Hinweise auf aktive Einflussnahme im Zusammenhang mit der Spendenaffäre?“ Daneben hatte der für die Spionageabwehr zuständige BfV-Präsident handschriftlich einen Namen geschrieben. „Kanter“.
Die WELT erläuterte dazu: „Die Randnotiz ,Kanter‘ ist überdies ein Indiz dafür, dass es nicht um die Person von Brauchitsch ging“, also den Flick-Geschäftsführer und Vertrauten von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), Eberhard von Brauchitsch. Weiter hieß es in dem Artikel dieser Zeitung: „,Kanter‘, vor einiger Zeit aufgeflogen, war ein Bediensteter des Flick-Konzerns, der dort für einen östlichen Geheimdienst spioniert haben soll.“
Quelle: Welt
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