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Ich erinnere mich an die Berichterstattung der Medien über die | ES IST VOLLBRACHT

Ich erinnere mich an die Berichterstattung der Medien über die brutale und menschenverachtende Barbarei des IS (Islamischer Staat) im Norden des Irak. Es wurden beinahe täglich Bilder in unsere Augen und Köpfe transferiert, die an Grausamkeit nicht mehr zu überbieten waren. Man musste letztlich einfach abschalten und wegschauen, um nicht seelischen Schaden zu erleiden. In einem Gespräch sagte mir daraufhin jemand, dass er einfach »dicht macht« und nichts mehr an sich heranlässt, um sich selbst zu schützen.

Ein weiterer Grund ist, dass uns die täglichen Nachrichten als »Unterhaltung« verkauft werden. Wir hören von einem Amoklauf und den schrecklichen Ereignissen, die so eine Tat mit sich bringt, oder wir sehen Bilder einer Naturkatastrophe. Dann plötzlich kommt ein Bildschnitt, und zwei Sekunden später werden die aktuellen Fußball-Ergebnisse genannt. Der Nachrichtensprecher spricht die ganze Sendung über im gleichen monotonen Stil – egal, ob er die Lottozahlen verliest oder über einen Kindermord berichtet. So erhalten die täglichen Nachrichten einen gewissen Unterhaltungswert, der uns immer unempfindlicher macht für notvolle Situationen. Wie sehr wir in Gefahr stehen, abzustumpfen, zeigt uns auch folgendes Beispiel:

Ein Arzt sagte einmal zu mir, dass er bei sich ständig das Bewusstsein »wachhalten« muss, dass er bei den vielen Operationen, die er durchführe, mit Menschen zu tun habe, denen er helfen will. Durch den immer größer werdenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Druck in seinem Beruf in Verbindung mit der täglichen Routine besteht die reale Gefahr, die Patienten nur noch als »Fälle« oder »Nummern« zu sehen. Die Gefahr des Abstumpfens rückt in greifbare Nähe. Wenn man dann nicht aufpasst, kann man schnell betriebsblind werden, so der Arzt.

Diese Beispiele zeigen, wie schnell es geht, dass wir uns an bestimmte Umstände gewöhnen und eine Art Unempfindlichkeit, sozusagen ein »dickes Fell« entwickeln. Die Folge ist dann ein gewisses Desinteresse für die Verlorenheit der Menschen um uns herum. Darum ist es wichtig, dass wir wachsam sind.

Manfred Siebald schrieb in einem seiner vielen Lieder folgende nachdenkliche Textpassage:

»Er ließ sich für sie schlagen; wie können wir da wagen, zu tun, als seien sie nichts wert?«


Thomas Lange, 2018, Der vergessene Auftrag, 1. Auflage, Bielefeld