2022-06-28 13:50:44
Der Krieg der schlechten Nachrichten
Publicado: 28 Jun 2022 | 06:40 Uhr
Ein Gespenst geht um in Deutschland. Es ist das Gespenst des Pessimismus, der Angst, das Gespenst des Alarmismus und der Panik. Die psychologischen Folgen dürften gravierend sein, und die Tatsache, dass sie bisher nur peripher eindeutig in Erscheinung treten, macht die Sache nicht besser.
von Tom J. Wellbrock
Jahrelang wurde uns erzählt, dass wir im besten Deutschland aller Zeiten leben, dass es uns gut gehe und alles in bester Ordnung sei. Das stimmte zwar nur bezogen auf eine kleine, auserkorene Gruppe von Menschen, doch die Erzählung verfehlte ihre Wirkung dennoch nicht. Irgendwas musste ja dran sein an dieser Einschätzung, und wenn sie nur oft genug wiederholt wird, glaubt es irgendwann vielleicht sogar der Flaschen sammelnde Hartz-IV-Empfänger, der aufpassen muss, dass ihm diese Einnahme nicht von seinen monatlichen Leistungen abgezogen wird.
… und wenn es gar kein Angriffskrieg ist?
Meinung
… und wenn es gar kein Angriffskrieg ist?
Doch die Ära des besten Deutschlands aller Zeiten ist vorbei. Jetzt heißt es, dass wir alle ärmer werden, dass wir uns einschränken müssen, womöglich die Heizung auf staatliche Anweisung ein paar Grad nach unten geregelt werden muss. Es ist für die "gute Sache", für den Frieden oder besser noch für den Krieg, der gewonnen werden kann und muss.
Doch selbst die Aussicht auf einen gewonnenen Krieg wird von den Verantwortlichen mit versteinerter Miene ausgesprochen, freudlos, ohne Begeisterung. Nun sollten Kriege grundsätzlich niemanden begeistern, sie sind schrecklich, fordern unzählige Opfer und schaffen Landschaften der Verwüstung. Aber wenn er denn schon sein muss – und unsere Verantwortungsträger lassen daran keinen Zweifel zu –, dann muss er eben gewonnen werden. Wenn man in die Gesichter der "Durchhalteparolierenden" sieht, ist jedoch auch dieser Sieg, wann immer er denn in welcher Form eintreten mag, keine Erfolgsmeldung. Vielleicht, weil sie selbst nicht daran glauben. Oder weil ihnen klar ist, dass dieser Sieg im besten Fall ein Etappensieg wäre – auf dem Weg zu etwas Größerem, womöglich einem Regime Change in Moskau. Würde der ausreichen, um der verantwortlichen Politik ein Lächeln zu entlocken?
Für die Menschen im Land sind die permanent wiederholten schlechten Nachrichten eine Tortur. Seit dem Ausbruch der Corona-Politik werden sie gegängelt, unter Druck gesetzt, erpresst, psychisch und finanziell extrem belastet. Datenlos tatenlos mussten sie auf ihren Sofas hocken, getrennt essen, sich voneinander distanzieren, distanzieren, distanzieren. Und weil Lauterbach nicht den ganzen Sommer mit Däumchen drehen verbringen will, steht auch die Corona-Erholung auf dünnem Eis, das mit jedem Tag hoher Temperaturen schmilzt. Schon vor dem Herbst, so verkündet Lauterbach mit ausgestrecktem Arm, wird es wieder so richtig gefährlich.
Wo sind wir, was erwartet uns in Europa und in Deutschland? Ein Interview mit Wolfgang Bittner
Wo sind wir, was erwartet uns in Europa und in Deutschland? Ein Interview mit Wolfgang Bittner
Der Krieg in der Ukraine, in dessen Zusammenhang die Hardliner frohlocken, er werde richtig lange dauern, verlangt von den Deutschen Solidarität bei gleichzeitiger Bereitschaft, auf alles Mögliche zu verzichten und für den Rest haufenweise mehr Euros auf den Tisch zu legen. Auf Jahre des Verzichts werden die Deutschen eingestimmt, und wer ein bisschen genauer hinschaut, fragt sich verwundert: "Wieso muss ich verzichten für Ukrainer, die ich nicht kenne und für einen Schauspieler, in dessen Drehbuch nur die Forderung nach Waffen steht? Was unterscheidet diesen Krieg von den unzähligen anderen auf der Welt?"
Eine Antwort auf seine Frage erhält der ratlose Bürger nicht. Stattdessen muss er lernen, dass wir uns im dauerhaften Krisenmodus befinden. Es scheint nicht mehr zu gehen ohne Bedrohungen, Angsterzeugung, Repressionen und dem erhobenen Zeigefinger. Wohin man auch blickt, was man auch liest oder hört, überall streckt sich uns die schlechte Nachricht entgegen.
57 viewsDarline♡, 10:50